"Unser ganzes Wirtschaftssystem beruht darauf, Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht mögen. Beschränkte sich ein jeder auf das, was er wirklich braucht, so bräche dagegen alles zusammen. (Richard David Precht - Philosoph und Schriftsteller)
Die Botschaft lautet: Ein Wirtschaftssystem dessen Lebenselixier Profitstreben und Akkumulation ist und das damit eine Katastrophe nach der anderen ausgelöst hat und auslöst, kann per se keinen Beitrag zur Gesundung des Planeten und der Menschheit leisten.
Oder um mit Albert Einstein zu sprechen: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“.
Einer der wichtigsten (Moral-)Philosophen des 20. Jahrhunderts Erich Fromm hat in erdrückender Klarheit dazu geschrieben: „Die Frage lautet immer: was lohnt sich, was bringt Profit? So zu fragen ist im Bereich industrieller Produktion notwendig. Doch das Prinzip der Buchführung, der Bilanz und des Profits wurde zugleich auf den Menschen übertragen und hat sich von der Wirtschaft auf das menschliche Leben überhaupt ausgedehnt. Der Mensch wird zu einem Unternehmen. Sein Kapital ist sein eigenes Leben. Und seine Aufgabe scheint zu sein, dieses Kapital möglichst gut zu investieren. Ist es gut investiert dann hat er Erfolg. Investiert er sein Leben schlecht dann ist er erfolglos. Auf diese Weise wird er selbst zu einer Sache. Wir können uns aber an der Erkenntnis nicht vorbeimogeln: Wenn der Mensch zur Sache wird ist er tot, auch wenn er physiologisch gesehen noch lebt.
Industrie und Wirtschaft haben sich faktisch so entwickelt, dass sie als Erfordernis zu ihrem Funktionieren den Menschen brauchen, der zum Verbraucher wird; der möglichst wenig Individualität besitzt und der bereit ist, einer anonymen Autorität zu gehorchen. Wobei er der Illusion erliegt, frei zu sein und keiner Autorität zu unterliegen.“
Aber Fromm analysiert nicht nur messerscharf und treffend, er zeigt auch Wege aus der Sackgasse auf:
„Voraussetzung für seelische Gesundheit und das Überleben der Zivilisation ist eine Wiederbelebung des Geistes der Aufklärung. Eines rücksichtslos kritischen und wirklichkeitsnahen – jedoch von rationalistischen Vorurteilen befreiten – Geistes. Und zugleich die Wiederbelebung humanistischer Werte, die nicht gepredigt sondern im persönlichen und gesellschaftlichen Leben realisiert werden.“
Fromm verlangt also völlig zu Recht ein radikales Umdenken: Finde zu dir! Finde dein einfaches, gutes Leben! Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen und scheinbar Gegebenes zu hinterfragen!
Für die meisten Menschen (der westlichen Welt) gibt es keinen Grund ihren Lebensstil zu ändern, sich Gedanken zu machen. „Uns geht’s doch gut!“
Dazu kommt, dass der Mensch in seiner Großherrlichkeit und Selbstüberschätzung, seine Lebenswirklichkeiten gerne je nach Bedarf entsprechend zusammenzimmert:
Klimakatastrophe? ...so what! Unendliches Wirtschaftswachstum / unermesslicher Wohlstand? ...na logo!
Aber Fakt ist: Der Mensch ist endlich. Wir werden eines Tages sterben.
Und die Qualität unseres Lebens wird definitiv nicht in Euro auf dem Konto oder Hausbesitz gemessen. Das spüren wir mitten im Leben stehend, in Form von Stress und Leere; oder im Alter, wenn wir unter der Einsamkeit leiden.
Die Qualität unseres Lebens bemisst sich also in der Qualität unseres sozialen Wirkens und unserer Beziehungen. Sprich: Haben wir uns Zeit für unsere Kinder genommen?
Stand die Tür für unsere alten Eltern auch dann noch offen als es mühsam wurde? Waren wir für unsere Freunde da als sie uns brauchten? Haben wir - außer Shoppen gehen, Filmchen gucken und und ein Reiseziel nach dem anderen abhaken - überhaupt gelebt?
Die Sehnsucht nach den wirklich wichtigen Dingen im Leben eines Menschen ist so groß, dass selbst ehemals knallharte, auf Profit gebügelte Topmanager, Vorstandsvorsitzende, etc. irgendwann den Drang zur Läuterung verspüren. Sie gründen dann, nach dem das Alter, die Pensionierung oder ein Schicksalsschlag das erste Stopschild eingeschlagen hat, sozial engagierte Stiftungen, die das Gegenteil von dem predigen, was im früheren Leben richtig war...
Hier könnte man erwidern: Besser spät als gar nicht. Problem nur: Die Kultur des Hyper-Konsumismus – des Alles, Immer und Noch Mehr – verbraucht (und zerstört letztendlich) die Zukunft derjenigen, die das Pech haben, später geboren zu werden. Betroffen sind also die, die nach uns kommen.
Fakt ist somit: Ein jedes Mehr an Konsum (für uns heute) bedeutet ein Weniger an Lebensqualität für unsere Kinder (morgen).